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Joh 10, 1-18 „Der Schaf-Flüsterer“

 
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André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
Beiträge: 129
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BeitragVerfasst am: 21.10.2006, 17:29    Titel: Joh 10, 1-18 „Der Schaf-Flüsterer“ Antworten mit Zitat

31.04.06 Predigt zu Johannes 10, 1-18
Eucharistiefeier am
Sonntag vom Guten Hirten im Lesejahr B
Alt-kath. Gemeinde Düsseldorf, 31.4.2006, 10.30 Uhr
Klarenbachkapelle
Leitung und Predigt: Vikar Dr. André Golob
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Joh 10, 1-18 „Der Schaf-Flüsterer“

Als ich noch Kind war und wir die Sommerferien bei meinen Großeltern im Weserbergland verbrachten, schlief ich immer auf der sogenannten Besucherritze, also mit im Bett meiner Großeltern. An zwei Sachen kann ich mich noch gut erinnern. Zum einen an das Ticken eines dicken silbernen Weckers und das Bild, das ich beim Einschlafen immer vor Augen hatte. Es war ein kitschiges Bild in Nazarenerstil: Jesus als Hirte in der Abenddämmerung auf einer Weide, um herihn rum putzige Schäfchen – die ganze Szene gefahrlos, romantisch, gefällige Hügellandschaft – einfach schön.

Ein Blick in das Gebirge von Galiläa, sagte mir mal ein Israelreisender, zeigt die Realität aber anders. Es war wohl eine mühselige Arbeit für einen Hirten in einer unfreundlichen, fast menschenfeindlichen Gebirgslandschaft. Nicht umsonst spricht Johannes sogar von drohender Todesgefahr, von einem Lebensabenteuer, von einem Engagement um Alles der Nichts, das ein Hirt als Berufsrisiko eingehen muß. Man ahnt natürlich: Es geht im Grund nicht um Hirten und um Schafe, es geht darum, wie wir die Beziehung zwischen Gott und Mensch zu verstehen haben.

Jesus ist der Hirte und, die an ihn glauben, bilden die Herde. Das beschreibt ein Verhältnis von Führer und Masse, inklusive aller Formen des möglichen Mißbrauchs. Ein Volk von Schafen ist der Führung bedürftig. Jeder Verhaltenspsychologe kann erläutern, warum: Im Unterschied zu den schlauen Ziegen, die sich gewandt im Hochgebirge bewegen, ist das Steppen bewohnende Schaf, wohl auch durch seine Domestizierung ohne natürliches Heimfindevermögen. Es ist wirklich auf den Menschen angewiesen, der es versorgt, es leitet und schützt. Mehr als Blöken und Mäh-Sagen ist diesen Tieren selbst im Notfall nicht zuzutrauen. Wenn ein solches Betragen zum Vorbild der Gläubigen wird, ist es deutlich, warum die Herde der Christgläubigen einer Führung bedarf.
Doch welche Art Führung ist die geeignetste, welcher Typus von religiöser Autorität zeigt uns den richtigen Weg? Wie erkennen wir den richtigen Führer, dem wir etwas bedeuten?

Besonders der bis zur Gewalt autoritäre Typus von Religion ist durch die Theologie immer wieder mit Hinweisen auf Texte; wie diese, gestützt worden. Manche Kirchenoberen stellen sich unter Menschen doch rechte Schafe vor, die ohne einen, ohne ihren eisernen Griff in den Abgrund stürzten.

Doch die Worte Jesu sind keine Strafpredigt eines Fremden, eines Überwältigenden, eines Anklagenden, es ist vielmehr eine sehr leise, sanfte und gütige Rede – ja man möchte sagen: die Rede eines Schaf-Flüsterers. Die Nähe ist wichtig. Eine ruhige Rede, das Flüstern der Führung erfordert Nähe.
Welch Gegensatz zu mancher Realität. Sind doch viele Kirchenoberen und Theologen von einer großen Distanz zwischen Gott und den Menschen ausgegangen. Und man muß sagen: sie taten und tun es mit Bedacht. Je niedriger sie den Menschen stellten, desto größer wurde ihre Macht, denn je weiter weg Gott von den Menschen thronte, desto erhobener und erhabener über allem irdischen thronten sie selbst als Verkünder, Vermittler und Führer.

Man kann Religion auf eine Weise verzerren, daß am Ende Fragen des Glaubens nichts weiter sind als wohlfeile Werkzeuge, um Macht, Geld, Einfluß und Position zu erringen. Als Räuber, Diebe und Wölfe charakterisiert Jesus die Repräsentanten einer solchen Religion. Sie sind gekommen um zu schlachten und auszubeuten, im griechischen Urtext heißt es „ίνα απολεση“, um sie zugrunde zu richten, zu vernichten. Das alles hat sich schon ereignet und es wird weiter geschehen, sich wiederholen - im Namen Gottes, ja sogar im Namen Jesu.

In der Tat kann man die Verführer erkennen an ihrer Stimme. Es ist wichtig wie man etwas sagt, welche verbale Pädagogik man an den Tag legt. Ich muß an die Schreie des Besessenen von Gerasa denken, wenn ich im Fernsehen alte Hitler-Reden höre, oder des Ducen Mussolonis Geschrei , oder Freisslers Getobe. Da wird mir Angst und Bange. Nein, das ist nicht die Sprache von Führenden, das ist die Sprache von Irregeleiteten, von Irrsinnigen. Kein Verständnis, keine Zuneigung – nur Zorn, Haß, Worte wie Scheiterhaufen, Stimmen wie Rasierklingen, die Angst verbreiten, blinden Gehorsam einfordern. Solche Stimmen sind nie die Stimmen der wahren Religion.

Ganz anders die Stimmen des Heils. Die Sprache des Hirten zu seinen Schafen, so wie sie dem johanneische Jesus zueigen ist, ist erkennbar nichts anderes als ein Dialog der Liebe. Und so sollte die ganze Religion verstanden werden: Die Beziehung zwischen Gott und den Menschen sollte man betrachten als das Zwiegespräch einer Liebe, in dem das Göttliche gerade nicht wie etwas Feindseliges, Bedrohliches oder Unheimliches empfunden wird, sondern als etwas ganz und gar Zärtliches. So wie ein Mensch der Liebe bedarf, so bedarf er dieser Sprache Gottes, der die Liebe selbst ist. Man könnte sagen: Gott spricht zu uns stets in unserer Muttersprache. Wir müßten das Wort Muttersprache dann freilich so übersetzen, wie es die Poetin Christina Busta es einmal in einem kleinen Vergleich ausgedrückt hat. Sie schreibt:

Nicht was die Mutter sagt,
beruhigt und tröstet die Kinder.
Sie verstehen´s zunächst noch gar nicht.
Wie sie es sagt,
der Tonfall, der Rhythmus, die Monotonie
der Liebe in den wechselnden Lauten
öffnet die Sinne dem Sinn der Worte
bringt uns ein
in die Muttersprache.

Ein Gleiches geschieht auch im Gedicht.

In diesem Sinne war Jesus ein vollendeter Dichter, ein Poet unseres Lebens, der nichts weiter wollte, als unsere Muttersprache in unserem Herzen zu erlauschen, zu erlernen und zur Sprache zu bringen.

Menschen achten zu häufig auf semantische Inhalte, stören sich an Positionen des anderen. So tragen Inhalte häufig dazu bei, daß Menschen sich von anderen distanzieren, Mauern aufbauen, dogmatische Schutzwälle errichten, Religionskriege anfangen gegen Begrifflichkeiten. Vielleicht kann man Gott gar nicht richtig fassen mit Logik und Vernunft. Vielleicht ist der Mensch Gott viel näher im Ton, im Gesang, in einem zärtlichen Gedicht – im „Wie“.

Das „Wie der Liebe“ ist entscheidend. Die Melodik kann für uns ein Reagenz sein, ein Signal, das uns etwas erzählt über unser gegenüber. Es kann uns zeigen, da stimmt was nicht, da ist etwas aus dem Lot geraten.
Und es kann uns warnen vor falschen Führern. Der Ton macht die Musik sagt man so schön. Da ist was dran. Wir wollen uns nicht verführen lasen durch falsche Autoritäten, durch eine Gefälle der Macht von oben nach unten. Die wahre Führerschaft unseres Hirten erkennen wir, weil wir uns in seiner Stimme angesprochen fühlen. Die Art und Weise wie Jesus Autorität lebte, war keine andere als die der Liebe selbst.

Und noch ein Unterschied: Auf Wiener Art zu sagen: „Ich küsse ihre Hand, Madame“ – man beugt sich vor und ist charmant- , oder ob man mit den Lippen zärtlich die Hand eines Menschen berührt, den man liebt! Welch ein Kontrast zwischen einem höfischen Galan und einem Liebenden!. Im einen Fall muß man den anderen lange umschmeicheln und umgehen, bis man ihn hintergehen kann: bis man über ihm zu stehen kommt.
Im andern Fall möchte man den anderen partnerschaftlich, gleichberechtigt und selbstständig. Das ist der Weg Jesu und das ist der Weg unserer Kirche. Alles andere ist vom Übel.

Amen.



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