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Lk 21, 25-28.34-36: "Die Kunst des Wartens"

 
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André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
Beiträge: 129
Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop

BeitragVerfasst am: 10.12.2006, 15:29    Titel: Lk 21, 25-28.34-36: "Die Kunst des Wartens" Antworten mit Zitat

Eucharistiefeier
1. Advent, Lesejahr C
Alt-kath. Gemeinde Bottrop, 03.12.2006, 10.00 Uhr

Kreuzkampkapelle, Christi Verkündigung
Leitung und Predigt: Vikar Dr. André Golob

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Lk 21, 25-28.34-36
Die Kunst des Wartens



Heute beginnt der Advent. Advent leitet sich vom Lateinischen "advenire" = "ankommen" ab. Folglich heißt Advent "Ankunft". Ankunft, damit assoziiere ich sofort die gelben Fahrpläne der Deutschen Bahn AG. Und dann sehe ich mich auf zugigen Bahnsteigen auf den, wieder mal verspäteten, Zug warten. In mir kocht es, denn ich bin kein Meister im Warten.

Dienstag saß ich mit meinem Auto wieder einmal im Stau fest, auf dem Weg von Essen nach Bottrop. Ich war sowieso knapp dran und dann das: Stau. Hinter mir war jemand - ich sah es im Rückspiegel - der schlug wütend auf sein Lenkrad ein - hatte wohl auch einen wichtigen Termin. Auch er mußte warten.

Dann fiel mein Blick auf die Schaufensterfassade neben mir. Riesige Weihnachtsbäume mit tausend erleuchteten Kerzen, ein dicker Weihnachtsmann mich an, hinter ihm in fetten Leuchtbuchstaben "Frohe Weihnachten" - und das am 25. November. Scheinbar kann keiner mehr warten. Die Adventszeit will man nicht, man will Weihnachten sofort und am liebsten dann einen Tag später Silvester, dann Karneval, Ostern und so weiter. Niemand will sich aufs Warten einlassen, Warten als Chance begreifen.

Wir sind ja auch kaum noch gewohnt zu warten. Früher betrat man ein Schiff um auf eine Reise zu gehen, man fieberte dem großen Abreisetag entgegen, und dann war man lange unterwegs. Oder man fuhr Bahn und konnte aus dem Fenster schauen und merken wie sie die Landschaft veränderte und wie man sich allmählich aufs Ziel zu bewegte. Heutzutage steigt man ins Flugzeug und fliegt per German-Wings für ein paar Mark Fuffzig nach Trinidad. In einigen Stunde ist man da. Morgens noch Sprühregen in Castrop-Rauxel, Mittags schon Sonnenbrand bei 40 Grad im Schatten. Es hat schon faßt etwas von "Beamen", jener schnellstmöglicher Teleportation, die wir aus der Fernsehsendung "Raumschiff Enterprise" kennen.

Eine menschliche Schwäche ist es, nicht warten zu können, alles sofort jetzt haben zu wollen. Sofort reagieren zu können. Und ist es nicht anmaßend, zu erwarten: Ich nehme jetzt eine Pille gegen diese und jene Krankheit und will dann sofort gesund sein. Genesungszeit will ich nicht. Nach der Operation rutsche ich schon hin und her im Bett, und möchte am liebsten sofort gesund sein. Aber alles braucht seine Zeit.

Die Quintessenz dieses Nichtwartenkönnens ist fatal. Wir haben kein Verständnis mehr für Menschen, die etwas mehr Zeit brauchen, als wir. Wir nehmen nichts mehr von dem wahr, was uns nicht direkt mit riesigen
Leuchtbuchstaben anspringt An den kleinen Dingen, die mitunter die Größe menschlichen Lebens ausmachen, hetzen wir vorbei - weil wir nicht mehr innehalten können. Wir müssen sofort unsere Wünsche, unsere Triebe befriedigen: Dafür brauchen wir 40 Fernsehprogramme, Internet mit vielen bunten Bildern und barbusigen Schönheiten, Handies - weil Warten auf einen Brief können wir nicht mehr - da werden wir schier wahnsinnig - wir wollen haben haben haben - und das sofort. Unsere Welt muß verfügbar sein - Fun, Befriedigung jetzt.

In gewisser Weise ist es widernatürlich. Die Natur, die Schöpfung Gottes macht es uns vor. Sie bettet sich zur Ruhe und wartet den Winter ab, bis sie wieder reiche Frucht hervorbringt. Sie wartet die kalte Zeit ab - einige Monate lang, bis hin zum Frühling, wo die Knospen wieder aufgehen. Kreatürliches Warten - die Natur macht es uns vor.


Advent heißt eben das: Warten zu können, sich vorzubereiten, die Zeit zur Reflektion zu nutzen, Vorfreude zu entwickeln auf das Kommen des Herrn.

Alles was gut wird, braucht Zeit, wie der Volksmund sagt: "Gut Ding will Weile haben". Neun Monate braucht es, bis ein Baby seinen Eltern ins Gesicht blicken kann. Sechs Jahre braucht es, bis ein Kind so weit ist, die Schule zu besuchen. Eine Zeit des spielerischen Reifens ohne Leistungsdruck. Manchen Eltern geht dies vielleicht zu langsam. Schon mit fünf drückt man den Kleinen den Tennisschläger in die Hand, damit sie Boris Becker nacheifern. Schon im Kindergarten lernt man Schreiben und die ersten englischen Brocken stammeln. Wer da nicht mitkommt, etwas mehr Zeit braucht bis sich Erfolg einstellt, wird schon da selektiert. Wir stehlen unseren Kindern die Kindheit, weil wir nicht abwarten können, bis aus ihnen Doktoren und Professoren werden. Man muß sich beeilen, die Konkurrenz ist groß und womöglich schneller.

Warten ist Gammeln, ist Müßiggang, zeugt von Desinteresse - sagt man. Das ist aber nicht richtig. Warten zeugt im Gegenteil von Verständnis. Es geht darum zu begreifen, daß Manches einer Entwicklung bedarf. Nicht vorschnell dürfen wir urteilen, sondern müssen warten, bis etwas in seiner Entwicklung abgeschlossen ist. Es gibt jemand, der ist der allerbeste und geduldigste Warter: Das ist Gott. Jahrhunderte lang blickt er auf uns, betrachtet wie wir uns entwickeln, von einem, der seinen Bruder erschlug hin zu einem gottgefälligen Lebewesen. Er hat Geduld. Er gibt uns Zeit und hat Verständnis für unsere Untaten, die auf unserem Wege vielleicht sogar Sinn machen. Er weiß: Es gibt nur wenige Menschen, die sich zu ihm Hinbeamen können, die meisten gehen im Schneckentempo einen langen Weg, bis zu ihm hin. Er aber hat Zeit auf jeden zu warten und Verständnis für jede Verspätung. So sollte es auch mit uns Menschen sein. Wir müssen warten lernen, Geduld und Verständnis schulen.

Was bringt es sich aufzuregen, wenn man im Stau steht, es ändert ja nichts. Vielleicht sollte ich die Zeit nutzen, sie als ein Geschenk ansehen: Mal ein Gebet sprechen, oder Reflektieren über den Tag, gute Ideen entwickeln, oder einfach für einen Moment die Augen schließen, um zu hören wie ich atme, zu spüren wie sich das anfühlt.

Auch die Adventszeit gehört dazu - eine Zeit des Wartens. Wir können in ihr lernen uns einzuüben in der Kunst des Wartens, zu der auch im Übrigen die hohe Kunst des Zuhörens gehört. Zuhören heißt warten zu können, den Worte des Gegenübers Raum und Zeit zu schenken, sie ernst zu nehmen und erst dann wieder selbst das Wort zu ergreifen.

Die Fähigkeit zu warten ist eine Tugend - aber scheinbar eine antiquierte Tugend. Wer wartet denn noch bis zum Weihnachtsfest mit dem Aufstellen seines Weihnachtsbaumes. Früher in den 60er Jahren durften erst am 23. Dezember Weihnachtsbäume in den Schaufenstern zu sehen sein. Mein Vater, der früher Chefdekorateur war, erzählte es mir. Alles andere hätte man als unschicklich, vielleicht sogar als blasphemisch angesehen. Von dieser Kultur des Kirchenjahrs ist unsere Zeit weit entfernt. Meist werden die Weihnachtsbäume schon am 27. Dezember entsorgt.

Manchmal ist es sinnvoll einen Schritt zurück zu machen - uns auf alte Tugenden rück zu besinnen. Essen wir den Christstollen erst zur Weihnachtszeit, denn Advent und Weihnachten sind zwei verschieden paar Schuhe. Seien wir nicht wie die Kinder die bereits heimlich das 24. Türchen des Adventskalenders öffnen und sich alle Freude nehmen.

Zum Advent wünsche ich uns allen mehr Geduld und Verständnis und die Einsicht, daß Warten notwendig ist und uns mit unserem Vater im Himmel verbindet, dem Meister des Wartens.

Amen.
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