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Weihrauch oder ... "Christi Wohlgeruch"

 
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André Golob



Anmeldedatum: 21.10.2006
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BeitragVerfasst am: 10.11.2006, 16:35    Titel: Weihrauch oder ... "Christi Wohlgeruch" Antworten mit Zitat

Weihrauch oder ... "Christi Wohlgeruch"

Was meint der Apostel, wenn er den Korinthern sagt“ „Wir sind Christi Wohlgeruch unter denen, die gerettet werden“ (2 Kor 2, 15)? Ist das nur ein ausgefallenes Bild, oder steht dahinter eine Wirklichkeit?

Beim jüdischen Abendgebet zur Eröffnung des Schabbat (Hawdala) wird neben einem bis zum Überlaufen gefüllten Becher Wein und einer dreifach geflochtenen Hawdala-Kerze ein Gefäß mit wohlriechenden Gewürzen bereitgestellt und darüber der Segensspruch gesprochen: Gelobt seiest Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, Schöpfer der Arten von Gewürzen. Dann wird das Gefäß zum Einatmen des Duftes herumgereicht.

Sinnenhaftes Erleben, auch dies ist ein Merkmal von Liturgie im originärsten Sinne des Wortes. Da wird der Geruchsinn nicht ausgeklammert. Das Erleben von Gottesdienst soll allen Sinnen zugänglich sein. Juden sind sich bewußt, daß Gott die Wohltaten der Schöpfung für den Gebrauch der Gerechten erschaffen hat und nicht für den Mißbrauch der Sünder.


Orientalische Wurzeln

Auch in der christlichen Tradition gibt es seit Alters her bei verschiedenen Anlässen nicht nur Salbungen mit wohlriechenden, balsamischen Ölen sondern auch den Gebrauch des Thuribulums, des Weihrauchfasses (wörtlich: Weihrauchwerfer). Auch durch die Nase soll Gottesverehrung und Gottesdienst erfahrbar werden. Die Inzensation, das Räuchern mit Weihrauch, ist weder eine katholische noch eine orthodoxe Erfindung, sondern hat ihren Ursprung im frühen Orient. „Wie beste Myrrhe strömte ich Wohlgeruch aus ... wie Weihrauchwolken im heiligen Zelt“, sagt die Weisheit von sich selbst (Sir 24, 15).

Bereits die Pharaonen kannten den Duft des Weihrauchs; so ließ die ägyptische Königin Hatschepsut gleich kübelweise Weihrauchbäume aus dem Süden Arabiens einführen. Das Alte Testament gibt uns mannigfaltige Hinweise auf den Gebrauch des Weihrauchs im jüdischen Kult. Nicht umsonst bekämpften die Nazis und ihre klerikalen Handlanger die Verwendung von Weihrauch als semitische „Unart“. Weihrauch und Knoblauch wurden von ihnen geächtet. Man sollte sich bewußt sein, in welcher Gesellschaft man sich befindet, lehnt man die Inzensation als etwas Fremdartiges, Unwillkommenes ab.

Nicht selten findet sich bei Alt-Katholiken eine solche diffuse, mit nichts zu begründende, Ablehnung des Weihrauches. Dabei gibt es kaum eine Religion, die nicht auch mit Düften und Gerüchen ihre liturgische Realität bereichert; sei es der Buddhismus, der Hinduismus oder viele andere Heilslehren. Es scheint ein religionsphänomenologisches Spezifikum der Gottesverehrung zu sein. Es ist eine kultivierte Sinnlichkeit im Dienste der Religion, ohne jeden peinlichen Beigeschmack. Sicherlich gab es zunächst pragmatische Gründe für die Verwendung spezieller Wohlgerüche. Gerade bei zeitbedingter, mangelnder Hygiene schien es womöglich als einziger Ausweg, die Ausdünstungen einer größeren Menschenmenge erträglicher zu gestalten. Die mittelalterliche Redensart „der Wohlgeruch Christi vertreibt den Todesgestank des Teufels“ bekommt da eine fast humoristische Note. Die Verwendung des Weihrauchs birgt aber neben diesen pragmatischen und sensitiven Aspekten eine vielschichtige religiöse Symbolik in sich. „Wer ist sie, die da heraufsteigt aus der Wüste als eine feine Säule von Rauch, in den Düften von Myrrhe und Weihrauch?“ so fragt das Hohe Lied (Hld 3, 6) und antwortet zugleich: „Sieh da, daß ist Salomos Sänfte.“ Der Thronsitz des Königs, im Duft des Räucherwerks, „am Tag seiner Hochzeit, an dem Tag seiner Herzensfreude“ (3, 11). Weihrauch als Duft, den die Liebe ausströmt.


Christus, der wahre Weihrauch

In der Tat ist der Duft des Weihrauchs das Resultat eines Opfers. Das Weihrauchkorn muß verbrannt werden, damit der Rauch aufsteigt; es muß im Kohlefeuer verglühen, erst dann setzt sich der Duft frei. Es ist ein Ganzopfer und als solches Gleichnis für die Heilstat Christi. Erst durch Jesu Kreuzestod ist Auferstehung möglich. Es ist die Rauchsäule, die das Opfer überlebt, die hervor geht als die Auferstehung im Tod.

Seine tiefste Dimension erfährt der Weihrauch in den Gebeten der syrischen Liturgie. Dort heißt es schlicht und kühn zugleich: „Du Christus, bist selbst der wahre Weihrauch“. Sein Tod am Kreuz ist „Weihrauch der Vergebung“ und „angenehmer Duft der Versöhnung“. So erscheinen in syrischen Gebeten Begriffe wie „unsichtbarer Weihrauch“, „verborgener Duft“, „Wohlgeruch der Versöhnung“ als wiederkehrende Synonyme für Christus. Es heißt dort: „Lob sei dir, Sohn des Höchsten, der du mit deinem Leib für uns auf das Kreuz gestiegen bist, so daß dein Tod süßer Geruch und Weihrauch wurde, der unseren Verfehlungen gilt ... Du, Herr, wurdest selbst Weihrauch der Versöhnung und vergebendes Opfer für uns.“

Für Cyrill von Alexandrien steht der Wehrauch in Zusammenhang mit den Worten der Geheimen Offenbarung: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen; der Tod wird nicht mehr sein.“ (21,3) Er skizziert nur kurz, was er damit meint. Sein Blick richtet sich auf das Weihrauchkorn als solches, das in seiner Grundsubstanz ein Harz ist und aus den Wundstellen, die man dem Weihrauchbaum zufügt, hervorquillt. Es sind Harztropfen, Herztränen, die beim Räuchern übergehen in Duft. Ein Duft, der die bergende Anwesenheit Gottes atmen läßt. Cyrill verwendet das Bild von Gott, der von jedem menschlichen Gesicht die Tränen abwischen wird. Die Tränen werden zu göttlichem Duft. Harztränen sind der Lebenssaft, den der Baum gibt. Wenn in der Osternacht die Wachsnägel in die Osterkerze eingefügt werden, so wird vorher jeweils ein Weihrauchkorn in die Vertiefungen eingefügt.

Besondere Bedeutung kommt dem Weihrauch auch in der Begräbnisliturgie zu. Er ist ein Zeichen für die Seele des Verstorbenen, die sich nach dem Tode vom Körper trennt und zu Gott emporstrebt.


Wechselwirkung

Oft ist der Weihrauch, der zunächst nach oben steigt, dann aber wieder herabfällt, Symbol für das wechselseitige Geschehen zwischen Gott und den Menschen. Unter der Verhüllung des aufsteigenden Weihrauchs, der das reuige Herz Gott zuträgt, senkt sich die Gnade und Menschenliebe Gottes auf den Zelebranten und das gläubige Volk herab und bedeckt sie wie ein Kleid.

Die Gebete der Liturgie sprechen es aus: „Weihrauch bringen wir dir dar, Christus, unser Gott, als Duft geistlichen Wohlgeruchs. Nimm ihn gnädig an auf deinem himmlischen Altar und sende uns dafür die Gnade deines allerheiligsten Geistes“ (Markusliturgie). Im alten römischen Missale steht: „Dieser Weihrauch, den du gesegnet hast, steige zu dir empor, o Herr, und auf uns komme herab deine Barmherzigkeit.“ Die Verwendung des Weihrauches gibt tiefen Einblick in christliche Spiritualität. Inzensation ist eine Gabe an Jesus Christus. Sie erlaubt der räuchernden Gemeinde, in den vorgegebenen Ritus auch ihre ganz persönliche Ehrfurcht und Zärtlichkeit für Jesus Christus hineinzugeben.


Das Imago Dei und die Sakralisierung des Profanen

Mit Beweihräucherung im übertragenden Sinne hat das nichts zu tun. Es ist keine Ehrbezeichnung für den Geistlichen, kein klerikales Sich-in-den-Mittelpunkt-stellen. Vielmehr wird aus Ehrfurcht vor dem machtvollen Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes ein schützender Schleier geschaffen. Wie der jüdische Hohepriester allein mit einer Räucherpfanne das Allerheiligste betreten kann, um nicht vom Glanze Gottes erschlagen zu werden (Lev 16, 12 f), so setzen auch Christen ein Symbol ihrer Hochachtung vor Gott. Kreativität ist eine Aspekt der Ebenbildlichkeit Gottes (Imago Dei).

Dazu gehört auch der liturgische Ideenreichtum.

Wenn ich ein Rendezvous mit einer geliebten Person vorbereite, stelle ich Rosen in die Vase, zünde Kerzen an, wähle romantische Musik aus – ich lege mich beachtlich ins Zeug um Eindruck zu machen und meine Zuneigung auch äußerlich zum Ausdruck zu bringen. Ich schaffe ein Kunstwerk. Warum sollte ich, wenn ich meine Liebe zu Gott bekenne, diese typisch menschlichen Ausdrucksformen unterdrücken. Warum sollte ich nicht auch auf das von vielen vergessene, symbolträchtige Zeichen des Weihrauchs zurückgreifen?

Wir leben in einer Zeit in der das Profane sakralisiert und das Sakrale profanisiert wird. Unsere Kirchen sind oft schmucklos, kalt, entmystifiziert - erkaltet. „Weihrauch“ finden wir in der Disko gegenüber oder beim Popkonzert der No-Angels. Der Kelch steht häufig nackt auf dem Altar, doch die edlen Präsente zu Weihnachten sind mehrfach verpackt wie russische Steckpüppchen - sogar der Berliner Reichstag wird heutzutage eingehüllt, durch Verpackung des Künstlers Christo geadelt. Die Freude am Schmücken und Dekorieren, am Auspacken eines Geschenkes kommt nur noch im privaten Alltagsleben zum Ausdruck. Ähnlich verhält es sich mit dem Weihrauch. Die Räuchermännchen und Duftkerzen der Weihnachtszeit vermitteln süßliche Erinnerungen an die Kindheit und es wird einem warm ums Herz. Eine Atmosphäre der Geborgenheit, die man in Kirchen manchmal vergeblich sucht.

Dr. André Golob



Weihrauch der Magier

Die Magier zeigen auch, wer wir eigentlich sind, welchen Traum Gott von uns geträumt hat. Wir sind königliche Menschen, Königssöhne und Königstöchter. König ist der, der selber lebt, anstatt von außen gelebt zu werden, der selbst herrscht, anstatt von anderen beherrscht zu werden. König ist der ganze Mensch, der zu sich und in sich steht. Und wir sind durch die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus selbst zu göttlichen Menschen geworden ...

Tief in unserer Seele sind wir schon am Ziel. Da steigt der Weihrauch unserer Sehnsucht auf zum Himmel, in dem wir wahrhaft zu Hause sind.(Anselm Grün in: Weihnachtlich leben, Freiburg 2000)



Biblische Quellen zu Weihrauch und Räucherwerk:

2. Mose 30,34; 30,7-9.35.37; 35, 8; 37,29; 40,27; 3. Mose 2,1.2.15.16; 10,1; 4. Mose 7,86; 16,7.35; 17,5.11; 5. Mose 33,10; 1. Sam 2,28; Spr 27,9; Hes 16,18; 23,41; Hld 3,6; 4,14; Jes 1,13; 43, 23; 60,6; 66,3; Jer 6, 20; 17,26; 41,5; Mt 2, 11; Offb 5,8; 8,3.4; 18,13.
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