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MK 4, 30-32: Durch das Nicht-Machen ist alles gemacht

 
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André Golob



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Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop

BeitragVerfasst am: 04.02.2007, 08:21    Titel: MK 4, 30-32: Durch das Nicht-Machen ist alles gemacht Antworten mit Zitat

Eucharistiefeier
Erntedank, 27. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr B
Alt-kath. Gemeinde Bottrop, 8.10.2006, 10.00 Uhr
Kreuzkampkapelle, Christi Verkündigung
Leitung und Predigt: Vikar Dr. André Golob
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MK 4, 30-32 Durch das Nicht-Machen ist alles gemacht


Schon viele haben es unternommen, die Menschen auf den rechten Weg zu führen. Schon viele sahen das kommende Heil unmittelbar zum Greifen nahe. Doch niemand von ihnen sprach so sanft, so liebevoll von dem, was Gott für uns bereit hält, wie Jesus.

Wenn man die Botschaft der Propheten des Alten Testamentes in einem Bild wiedergeben wollte, so müßte man sagen: mit dem hereinbrechenden Reich Gottes verhält es sich wie mit einem hohen Berg; nehmt eure Kraft zusammen und erstürmt ihn bis zum Gipfel.

Und, wenn man den Propheten der Moderne glauben wollte, so müßte man sagen: Mit dem hereinbrechenden Reich verhält es sich wie mit einer gewaltigen Explosion; schafft allen Sprengstoff des Leids, schafft das TNT der Unzufriedenheit, schafft das Schwarzpulver des Elends zusammen und legt die Fackel an die Zündschnur: Kein Stein wird auf dem anderen bleiben.

Unvergleichbar anders, milder und geduldiger ist das Bild, das Jesus gebraucht, wenn er vom Reich Gottes spricht. Fast möchte man meinen, eine ganze Welt liege zwischen ihm und all den anderen Verkündern Gottes. Mit dem Reich Gottes, sagt Jesus, verhält es sich wie mit einer Saat, einem kleinen Senfkorn, das gesät wird und das nun wie von selber wächst. So ganz gegen die Unruhe der Not, so ganz gegen die Ungeduld des Selber-Einschreitens, des Selber-Machens, richten sich diese ruhigen und vertrauensvollen Worte Jesu von dem Allerwichtigsten, das es in unserem Leben gibt: von dem langsamen Wachsen Gottes in unserem Dasein.

Wenn wir von Gott sprechen, so wirkt es gerade, wenn wir es besonders gut meinen, oft wie der Peitschenschlag einer strengen Zuchtrute. Ständig tragen wir Gott, statt im Herzen, im Kopf, und das zwingt uns, möglichst starre Maßstäbe an unser und anderer Leute Leben anzusetzen, als wenn es Gottes Art sei an Blumen, die wachsen möchten, herumzuzerren und in einer Saat, die einfach reifen will, zu jäten und zu pflügen. Ganz anders ist das Denken Jesu über unser Leben. Im Umgang mit uns selber legt er uns gerade ein Vertrauen nahe in das ruhige Reifen der gesäten Kräfte.

Doch wir sind voller Ungeduld. Oft fehlt uns das Vertrauen in Gott. Wir selbst sind es, die an uns herumkritisieren, die hohe Maßstäbe aufbauen, die wir selbst kaum erreichen können. Hohe Ziele setzen wir uns. Kaum meldet sich ein stärkeres Gefühl in uns, so erfaßt uns Angst und Schrecken; wir überlegen sogleich, worauf das wohl hinaus will, und schon unterdrücken wir es, würgen es ab, betonieren einfach zu, was gerade erst seinen Kopf aus der Erde stecken wollte. Angst regiert uns Menschen, Angst etwas falsch zu machen, Gott zu erzürnen. Und schon sind wir dabei natürliche Empfindungen in uns zu kasteien, Sexualität und Lust – als Satanstriebe zu verteufeln, statt sie als Geschenke Gottes zu betrachten. Angst regiert unser Sein und die Anmaßung wir könnten durch unser Handeln etwas dazu tun, Pluspunkte zu sammeln im großen Buch des Nikolaus ist, Gott glücklich zu machen durch unser Verhalten. Wir müssen lernen aus unserem Ursprung, lernen von den Juden, dem auserwählten Volk Gottes. Dort sagt man: Gott braucht uns nicht, wir brauchen Gott. Und er, Gott, hat uns in vielen Momenten das Heil versichert. Schon in der Schöpfung hat er dies Versprechen gegeben und sein Sohn hat es erneuert. Wir brauchen keine Ablässe, wir brauchen uns nicht beeilen und zu irgendwelchen Wallfahrtsorten hetzen und Altäre so und sooft zu umschreiten (wie beim Weltgebetstag der Jugend in Köln), damit Gott uns liebt. Es ist der Irrsinn, zu glauben wir Menschen hätten es im Griff. Im Mittelalter hat man Ungeborene mit Riesenspritzen durch die Vagina hindurch getauft – Intrauteraltaufe, nennt sich das. Man konnte nicht abwarten, man mußte früh tätig werden, denn Gott kann man nicht trauen. Luther hat mit recht gesagt, daß wir Christen oft meinen Gott nötigen zu können mit Zauberhandlungen, magische Ritualen. Welch Überheblichkeit des Menschen und welch unerträglicher Leistungsdruck auch noch für Gott mitzudenken.

Wir gehen mit uns um wie mit den Feldern und den Wiesen unserer industrialisierten Agrarlandschaft, die wir im Wahn, ihre Produkte endlos steigern und verbessern zu können, künstlich überdüngen und mit Schädlingsbekämpfungsmitteln schützen, bis daß wir sie restlos ausgelaugt und bis zur Unlebendigkeit vergiftet haben. Ganz ähnlich glauben wir und die Autoritäten unserer Kirchen, auch unserer Seele vorschreiben zu können und zu müssen, was in ihr wachsen soll.

Wirklich gut täte uns ein Vertrauen, daß die Saat Gottes schon recht gesät sei und von selber wachsen werde. Dieses Wort Jesu: “von selbst“, „autamata“, steht wahrhaftig da im Griechischen: autamata – automatisch wächst die Saat. Autamata – ein Wörtchen, das man oft übersieht. An diesem Wort entscheidet sich im Sinne Jesu in der Tat die ganze Welt. Gerade in der gegenwärtigen Form der christlichen Religion, werden wir erzogen in der Haltung des „auf uns kommt es an“, des „von uns hängt es ab“, so als geschehe alles, einfach weil und wenn wir es beschließen, und als hätten wir die Verantwortung für alles. In Wahrheit werden wir ganz im Gegenteil viel Schaden und Verwüstung anrichten, wenn wir nicht das einzige lernen, was uns wirklich helfen könnte, zu uns selbst zu finden: eine heilsame Geduld im Umgang mit uns selber und der Saat, die wachsen will. Nur der Sonne und dem Regen öffnen sich die Blumen des Feldes; nur in Güte und Verständnis reift unsere Wahrheit.

Wir brauchen uns nur umzuschauen, um uns von dem Schaden gutwillig bemühter Gewalt überzeugen zu können. Menschen, die einander liebhaben und füreinander einstehen möchten, zerstören oft die besten Gespräche aus zuviel Verantwortung. Eine Frau etwa klagt ihrem Mann, was sie bekümmert und worunter sie leidet, oder ihr Mann spricht zu ihr von den Schwierigkeiten in seinem Beruf – man bräuchte eigentlich nur eine Weile zuzuhören, und alles wäre gut. Aber statt dessen werden wir vorangetrieben von der Idee der Verantwortung, und so fühlen wir uns verpflichtet, dem anderen einen vermeintlich entscheidenden Rat zu geben, wir lassen ihn gar nicht erst ausreden, wir verpassen einfach das Zuhören und zwingen uns gegen jede Vernunft zu dem Aberglauben, wir müßten wirklich schon nach wenigen Minuten die richtige Lösung wissen. Der andere denkt womöglich schon seit Stunden oder Jahren über sein Problem nach – und da wollen wir in all unserer Intelligenz sofort eine Lösung aus der Tasche ziehen. Wie anmaßend und auch verletzend so ein Verhalten ist. Ich selber habe auch mal so gedacht, ich könnte Probleme lösen. Es kommt jemand zum seelsorgerischen Gespräch mit seinen Problemen zu mir und ich will ihm helfen, ich muß ihm helfen mit gutem, weisem Rat, denn ich bin ja der Seelsorger, der Priester, der Macher. Alles Blödsinn: Die größte Fähigkeit, die ein Mensch besitzen kann ist die Fähigkeit zuzuhören. Warum wollen wir alles übers Knie brechen, wo doch ein offenes Ohr alles ist, was hilft. Laotse, der alte Weise aus China, sagte einmal: Durch das Nicht-Machen ist alles gemacht – er nannte es auf chinesisch „Wu Wie“ – Nichttun – Vertrauen in Gott haben – ihn machen lassen, wenn man so will.

In Sachen Gottes mehr noch als sonst sucht in uns immer wieder die Befürchtung heim, es sei viel zu wenig, was wir in unserem Leben zu bieten hätten, alles, was wir sind, sei zu klein, banal, zu unansehnlich und zu trivial, ein Nichts, mit dem wir Gott nicht kommen dürften. Zu Gott, wie man weiß, darf scheinbar nur das recht Geratene, das Große, das Tugendhafte sich getrauen; die Menschen lieben es so, und genauso denken wir auch von Gott. Also müssen wir ständig unter Dampf stehen und beweisen, was für hervorragende Menschen wir sind. In Wahrheit, meint Jesus, geht es vor Gott gerade anders.
„Womit soll man das Reich Gottes vergleichen, fragt er, wenn nicht mit einem Senfkorn, dem kleinsten von allem? Würden wir nur diesem Allerkleinsten zutrauen daß es eine Chance hätte zu reifen, es würde wachsen und Schatten geben, und die Vögel des Himmels fänden darin ihre Heimat. Was wir wirklich brauchen, ist einzig dieses Vertrauen in das Wachstum des Geringen in uns und umgekehrt ein gewisses Mißtrauen gegenüber allem buchstäblich Groß-Tuerischen.

Amen
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