André Golob

Anmeldedatum: 21.10.2006 Beiträge: 129 Wohnort (nur bei Vollmitgliedschaft erforderlich ): 46236 Bottrop
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Verfasst am: 21.10.2006, 17:28 Titel: Lk 24, 13-35 Teilt das Brot und erkennt ! |
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17.04.06 Predigt zu Lukas 24, 13-35
Eucharistiefeier
Ostermontag im Jahreskreis B
Alt-kath. Gemeinde Düsseldorf, 17.4.2006, 10.30 Uhr
Klarenbachkapelle
Leitung und Predigt: Vikar Dr. André Golob
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Lk 24, 13-35 Teilt das Brot und erkennt !
Als ich anfing mit meiner Ausbildung zum Priester, hatte ich von liturgischen Dingen nicht so die Top-Ahnung – ich war eher der systematische Theologe - und mein Mentor, Pfarrer Ingo Reimer, Liturgiewissenschaftler und absoluter Fachmann in solchen Dingen, sagte mir: wir haben in einem katholischen Gotteshaus zwei Altäre. Zum einen den Altar des Wort Gottes, den Ambo und den Altar des Mahles. Beide, so sagte er, stehen gleichbedeutend gegenüber. So laute der liturgische Grußformel zu Beginn des Gottesdienstes eigentlich „Der Herr i st bei euch“, denn die heilige Schrift bzw. ihre Worte sind im Evangeliar zugegen und damit auch Gott. So sei die konjunktivische Übersetzung „Der Herr sei mit euch“ eigentlich eine falsche und irreführende Übersetzung aus dem Lateinischen. Im Übrigen ist eine solche Form ohne Verb, wie „Dominus Vobiscum“, immer indikativisch zu übersetzen.
Wort und Mahl, zwei Pfeiler unsers Glaubens und zwei Theophanien, zwei Erscheinungsformen des Herrn – gleichbedeutend nebeneinander. Ist das so?
Wenn ich mir das heutige Evangelium anschauen bin ich mir da nicht mehr so sicher. Jesus legt auf der Wanderschaft Kleopas und dessen Freund die Schrift aus, so haben wir gehört. Beide haben den Mut aufgegeben, sind enttäuscht über den grausamen Tod ihres Meisters. Beide glauben nicht an die Auferweckung, halten die Erzählungen der Frauen für hysterisches Geschwätz, die Gerüchte über den lebenden Jesus für aus der Luft gegriffen. Doch sie sind noch auf dem Wege und am Ende der Reise werden sie anders denken über die Auferstehung, werden erkennen was tatsächlich geschehen ist.
Darum geht es: um Erkenntnis, um Begreifen, Fassen können. Der Lernweg umfaßt zwei Stationen. Zum einen legt ihnen der unbekannte Begleiter - Jesus selbst, wie wir wissen - die Schrift aus. Er erklärt ihnen wie sie das Geheimnis begreifen können, weist hin auf die Worte, die zur Erfüllung kommen, erklärt ihnen warum der Messias solches durchleiden mußte. Eine Etappe die von Worten geprägt ist, fast schon eine theologische, eine katechetische Etappe. Doch zum Durchbruch, zur Erleuchtung führt dieser Wegabschnitt nicht. Dennoch erahnen die Jünger ihre Tragweite. Die Worte scheinen ihnen ins Herz zu sprechen, sie wollen mehr, wollen die Gemeinschaft mit Jesus nicht abbrechen lassen, sie laden ihn ein bei ihnen zu bleiben, gemeinsam einzukehren. Und dann kommt die alles entscheidende Szene: Christus bricht ihnen das Brot und da fällt es ihnen wie Schuppen von den Augen.
Eine Szene bei der manch evangelischer Theologen und Geistliche stutzt und schlucken muß. Den Auferstandene erkennen die Emmausjünger nicht an seinen Worten, sondern erst ihm Mahl. Hier scheint die Vorstellung zweier gleichbedeutender Pfeiler zugunsten des Mahles ein wenig in Schräglage zu geraten. Möglicher Weise waren die Jünger vielleicht auch ein wenig begriffsstutzig, daß sie Jesus erst erkennen, als er das Brot teilt. Trotzdem sehen wir wie bedeutend das Mahl ist, wie wichtig es ist Brot und Leben zu teilen und wir erfahren. Erst hier erkennen sie die Wahrheit, den Sinn und das Heil. Der Erkenntnisweg geht nicht über Meditation, nicht über philosophisches Spekulieren, ja noch nicht einmal bei der Beschäftigung mit der Heiligen Schrift. Die Erkenntnis von Gott kommt in der Mahlgemeinschaft mit ihm, in der Erkenntnis mit ihm zu Tische zu sitzen. Und hierzu sind alle geladen, auch der, der sich gerade noch mit den Schweinen um eine Rübe gerungen hat. Es ist um so entsetzlicher, daß es christliche Gemeinschaften gibt, die andere von ihrem Tisch verstoßen, die sagen: Du bist es nicht wert mit uns und Gott ein einem Tisch zu sitzen. Um es mit Worten Kardinal Meisners zu sagen: Du vergehst dich am Leib Christi, wenn du an unseren Tisch trittst. Man stelle sich vor, Jesus hätte zu Zachäus so gesprochen: Bleib oben auf deinem Baum allein und verlassen, denn nie wird der Herr in deinem Hause eintreten. Das wäre die Prophezeiung der Hölle, das Diktat der Gottverlassenheit, die Religion des Unheils mit einem Gott, der sich weidet am Untergang von Menschen. Nur die Sakrosankten, die besonders Frommen und Heiligen, die die sich unseren Dogmen beugen und bereit sind, Unwürdige vom Tisch des Herrn abzuweisen, sind es wert mit uns das Brot zu teilen. Der Ostermontag ist aufgrund dieser Erhellung der Eucharistie, ähnlich wie der Fronleichnam ein Trauertag, ein Tag der Trennung, ein Tag des zerschnittenen Tischtuches. Kann denn eine Kirche die trennt, die ausschließt die Kirche Jesu Christi sein, die Kirche dessen, der sogar seinem Verräter das Brot bricht? Ist nicht der Arzt gekommen für die Kranken? Meiner Meinung nach ist die Feier der Eucharistie ein zutiefst therapeutisches Tun. Es gibt Kraft, es gibt Hoffnung und vor allem, wenn wir an die Emmausjünger denken, macht es Blinde sehend, läßt Licht herein in die Dunkelheit.
Doch brauchen wir nicht mit Fingern auf andere zeigen. Haben nicht auch wir Attitüden des Sakrosankten. Kommen wir uns nicht auch manchmal als die Auserwählten vor, die unter sich bleiben wollen. Sicherlich reden wir über Mitleid, Nächstenliebe, Gleichheit vor Gott. Doch rümpften wir nicht die Nase, wenn neben uns ein Obdachloser stünde, stinkend nach Schnaps und Urin und mangelnder Körperhygiene. Eine Prostituierte im kurzen Röckchen würde an manch Domschweizern gar nicht vorbeikommen in unsere Kirche. Auch wollen wir keine Problemfälle, denn Kirche ist ja keine Gemeinschaft Therapieverdächtiger. Für die Irren haben wir spezielle Institutionen. Verlangen wir nicht von unseren Gästen, daß sie so riechen wie wir, so denken wie wir, so gebildet sind wie wir, so normal sind wie wir, so gesund, wortgewandt und chic? Ich glaube wir haben eine Menge vor uns – und es wird schwer. Wir dürfen nicht mit Fingern zeigen auf jene die ihren Altar schließen für Andersdenkende solang wir selbst nicht bereit sind unsere Schranken einzureißen, unsere inneren Barrieren abzubauen, es wagen Leprakranke nicht nur zu berühren, sondern sie – wie der heilige Franziskus – in den Arm zu nehmen.
Wir sind alle Kinder Gottes. Dieser Gott, dieser Vater lädt uns ein an seinen Tisch. Diese seine Nähe ist der Vorgeschmack auf den Himmel, auf die ewige Gemeinschaft und Geborgenheit in Gott. Und seid versichert, jedem steht der Himmel offen. Gott wird alle Kinder heimholen an seinen himmlischen Tisch. Ich persönlich glaube, daß auch jene dort sitzen, die im Leben nicht geglaubt haben, nicht glauben konnten oder etwas anderes glaubten. Das kann auch nicht anders sein. Denn wäre jenen ein Schicksal in der Hölle beschieden, dann gäbe es auch die himmlischen Maximilian Kolbes, die ihren Platz tauschen würden, zum Heil der anderen.
Christus ist nicht gestorben und auferstanden für ein Drittel der Menschheit, nein er ist auferstanden für alle.
Amen.
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